Myo-Inositol – Definition & einfach erklärt
Myo-Inositol gehört zu den Vitaminoiden. Diesem Sammelbegriff werden alle Substanzen zugeordnet, die nicht zu den Vitaminen gehören, allerdings vitaminähnliche Funktionen erfüllen. Im Regelfall können Vitaminoide vom menschlichen Körper selbst hergestellt werden, in manchen Fällen reicht die körpereigene Synthese für den Bedarf allerdings nicht aus. Dies betrifft auch die Eigensynthese von Myo-Inositol. Das Vitaminoid kann in den Nieren des menschlichen Körpers hergestellt werden, die Menge dieser Eigensynthese deckt allerdings nicht den durchschnittlichen Bedarf und Verbrauch ab.
Myo-Inositol ist die am häufigsten vorkommenden Form von Inositol, einem Isomer der Glukose. Als Isomer bezeichnet man chemische Verbindungen, die zwar die gleiche Summenformel wie andere Stoffe haben sich aber im chemischen Aufbau dieser Summenformel unterscheiden. Daher haben Isomere oft andere physiologische und biologische Eigenschaften als ihr Pendant – im Fall von Inositol der Einfachzucker Glukose.
Bevor Myo-Inositol den Vitaminoiden zugeordnet wurde, war es als Vitamin B8 bekannt.
Myo-Inositol in der Nahrung
Zitrusfrüchte gehören zu den Lebensmitteln mit einem besonders hohen Gehalt an Myo-Inositol. 120 Milliliter Grapefruitsaft beispielsweise enthalten in etwa 470 Milligramm Myo-Inositol.
Funktionen von Myo-Inositol
Myo-Inositol wirkt als sogenannter „Second Messenger“. So bezeichnet man in der Medizin Stoffe die Signale, die von außerhalb der Zelle kommen (extrazellulär), in die Zelle (intrazellulär), weiterleiten. Second Messenger zählen also zu den körpereigenen Botenstoffen, im konkreten Fall von Myo-Inositol betrifft das den Stoffwechsel von Insulin, TSH und FSH.
Insulin: Aufgrund seiner Schlüsselrolle beim Krankheitsbild des Diabetes mellitus ist es wohl eines der bekanntesten Peptid-Hormone. Insulin dient insbesondere dazu, Glukose aus dem Blut in die Zellen zu schleusen, wo es für die Energiegewinnung des Körpers benötigt wird.
Myo-Inositol verstärkt die Wirkung des Insulins über drei verschiedene Mechanismen, die dafür sorgen, dass mehr Glukose aus dem Blut aufgenommen werden kann:
- Zum einen wird es für die Umwandlung von Glukose zu Glykogen benötigt, der Speicherform von Glukose in der Leber. So sinkt die Glukosekonzentration in den Zellen und es kann mehr Glukose aus dem Blut aufgenommen werden.
- Zum anderen werden Glukosetransporter mobilisiert und vermehrt in die Zellmembranen eingebaut. Je mehr Transporter vorhanden sind, desto mehr Glukose kann aufgenommen werden.
- Zuletzt wird der Prozess der Energiegewinnung aus der Glukose unterstützt, wodurch die Glukosekonzentration in den Zellen gering gehalten wird und wiederrum mehr Glukose aus dem Blut aufgenommen werden kann.
Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH): Ein Hormon, das in der Hirnanhangdrüse gebildet wird und die Menge der Schilddrüsenhormone T3 und T4 reguliert.
Follikel-stimulierenden Hormons (FSH): Wird ebenfalls in der Hirnanhangdrüse gebildet und ist für die Fruchtbarkeit wichtig. Das Hormon bewirkt das Heranreifen der Keimzellen, also der Eizellen und der Spermien.
Daher unterstützt Myo-Inositol auch die Fertilität von Frauen und Männern. Aktuelle Studien legen nahe, dass das Vitaminoid bei der Frau Einfluss auf einen regelmäßigen Zyklus und die Follikelreifung nimmt. Dabei spielt es eine Rolle bei der Hormonfreisetzung und der Funktion der Eierstöcke. Beim Mann dagegen deuten die Ergebnisse an, dass Myo-Inositol sich auf die Umstrukturierung des Zytoskeletts der Spermien und auf deren Migrationsfähigkeit auswirkt. Die Migrationsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit der Samenzellen sich aktiv selbst zu bewegen.
Einsatz in der Medizin
Fettlebererkrankung und metabolisches Syndrom
Dank seines Einflusses auf den Fettstoffwechsel eignet sich Myo-Inositol ausgezeichnet zur unterstützenden Behandlung der Fettleber. Diese entsteht insbesondere in den Industrienationen. Oft unbemerkt entwickelt sich eine Fettleber durch ungesunde Ernährung, anhaltenden Bewegungsmangel oder durch andere Erkrankungen. Myo-Inositol kann den Transport von Triglyceriden aus dem Fettgewebe verringern und Cholesterol aus dem Herzen schleusen. So werden Fettablagerungen im Körper insgesamt verringert und die Herzfunktion der Patienten bessert sich. Myo-Inositol kann daher auch zur Prävention des metabolischen Syndroms eingesetzt werden.
Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS)
Eine Supplementierung von Myo-Inositol in Kombination mit Folsäure wird insbesondere auch beim polyzystischen Ovarsyndrom (PCO-Syndrom) empfohlen. Dieses Krankheitsbild zeichnet sich durch einen Symptomenkomplex aus, der mit einer Funktionsstörung der Eierstöcke einhergeht. Frauen, die unter dem polyzystischen Ovarsyndrom leiden haben in der Regel weniger Eisprünge. Es kommt zur Zystenbildung am Eierstock, die wir kleine Perlschnüre im Ultraschall-Bild erscheinen. Bei betroffenen Frauen kommt es häufig zu Verlängerung des Zyklus oder zum kompletten Ausbleiben der Regelblutung. Sie sind von Hyperandrogenämie, einer Hormonstörung bei der das männliche Hormon Androgen im Körper der Frau vermehrt vorkommt, betroffen.
Zu den häufigsten Ursachen des Polyzystisches Ovarsyndroms zählt Adipositas und ein gestörter Insulinstoffwechsel, schätzungsweise zwischen 5 und 10 Prozent der Frauen sind betroffen. Weltweit ist die Erkrankung die am häufigsten vorkommende Hormonstörung bei Frauen. In den USA ist PCOS die führende Ursache für weibliche Unfruchtbarkeit.
Myo-Inositol ist in der Lage die Eizellqualität der Frauen zu verbessern und die Insulinsensitivität zu erhöhen. Durch die Einnahme des Vitaminoids sinkt auch die Produktion von Androgen wodurch der Hormonhaushalt wieder ins Gleichgewicht gebracht wird. Als Folge daraus kann sich wiederum die Rate der Eisprünge und die Regelmäigkeit der Periode normalisieren.
Depressionen und Angstzustände
Auch bei psychologischen Symptomen kann Myo-Inositol erfolgreich eingesetzt werden. So wurde festgestellt, dass sich das Vitaminoid positiv auf Depression und Angstzustände auswirken kann.
Studienlage entwickelt sich weiter
Die aktuelle Forschung beschäftigt sich weiterhin mit Myo-Inositol. Derzeit werden die Zusammenhänge zwischen dem Vitaminoid und einem Mangel an Schilddrüsenhormonen untersucht. Andere Studien beleuchten potentielle Korrelationen zwischen Gestationsdiabetes, dem Schwangerschaftsdiabetes, sowie der Prävention vor der Entstehung kindlicher Neuralrohrdefekte. Es könnte also durchaus sein, dass Myo-Inositol zukünftig eine größere Rolle beim Thema Schwangerschaft spielt, gerade im Fall von adipösen Frauen.
Mangel und Überversorgung von Myo-Inositol
Ausgeprägte Myo-Inositol Mangelerscheinungen treten bei Menschen nur sehr selten auf. Das liegt hauptsächlich daran, dass unser Körper das Vitaminoid aus Glukose herstellen kann. Aktuelle Tierstudien deuten aber auf einen Zusammenhang zwischen zu niedrigen Myo-Inositol-Werten und erhöhten Cholesterol- und Triglycerid-Konzentrationen in der Leber hin, was bis zu einer Fettleber führen kann.
In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass eine sehr hohe tägliche Dosierung von 12 Gramm Myo-Inositol toxische Nebenwirkungen wie beispielsweise Übelkeit, Blähungen und Diarrhö hervorrufen kann.
Myo-Inositol als Nahrungsergänzung
Wer Myo-Inositol als Nahrungsergänzungsmittel supplementieren möchte, sollte dies nicht gleichzeitig oder unmittelbar vor oder nach den Mahlzeiten einnehmen. Der Grund dafür liegt in der strukturellen Ähnlichkeit zur Glukose. Diese wird mit jeder Mahlzeit aufgenommen und beeinträchtigt bei paralleler Aufnahme die Fähigkeit unseres Körpers Myo-Inositol aufzunehmen.